Gier Dreck und Angst Krimi Online Lesen 2
Die Gier, der Dreck und die Angst
Robert Capou bestellte im Vorbeigehen bei der jungen Kellnerin ein Schwarzbier und nahm direkt neben dem quietschbunt-flackernden Spielautomaten Platz. Bald würde ein Mann die kleine Kneipe im Industriegebiet betreten. Er würde um die fünfzig Jahre alt sein, und in den Falten um seine Augen würden Dreck und Abgasablagerungen zu finden sein. Der Mann würde direkt nach seiner Schicht bei einer der örtlichen Abfallverwertungsfirmen hierher kommen. Robert Capou hatte diese Situation schon oft genug erlebt.
Seine Kunden betraten den jeweiligen Treffpunkt in der Regel mit einem abgehetzten und – unter einer Oberfläche aus zur Schau getragener Stärke – fast schon furchtsamen Gesichtsausdruck.
Capou war eine Stunde vor der vereinbarten Zeit hierhergekommen, denn er wollte noch einmal in Ruhe über das Telefonat nachdenken, das zu dieser Verabredung geführt hatte.
Der Mann am anderen Ende der brüchigen und von Nebengeräuschen gestörten Handyverbindung hatte authentisch gewirkt, anderenfalls hätte Robert Capou zwar die Verabredung ebenfalls getroffen, aber er wäre unter keinen Umständen persönlich hier erschienen. Er musste es in nächster Zeit etwas langsamer angehen lassen, war vielen Leuten in zu kurzer Zeit auf die Zehen getreten.
Das diese Leute allesamt Dreck am Stecken und ihn zu einem großen Prozentsatz niemals persönlich gesehen hatten, spielte bei seinen Überlegungen keine Rolle. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste, und in den letzten Wochen allein hatte er mehrere Male gegen das Gesetz verstoßen.
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Das machte ihm im Grunde nichts aus, im Gegenteil: Nachdem er einen großen ersten Schluck von seinem Schwarzbier genommen hatte, machte sich ein kaum merkliches Lächeln auf seinem Gesicht breit, als er an seinen letzten Auftrag dachte.
Dieses Lächeln verpuffte aber wieder, als er sich daran erinnerte, wie er fast vergessen hatte, die Festplatte des Videosystems in der protzigen Villa zu zerstören, in der er zu Gange gewesen war. Er gab sich dem Ärger über die eigene Schlamperei aber nicht allzu lange hin, denn dieser spezielle Job war einer der lukrativsten im letzten Jahr gewesen. Das war ja das Schöne an seiner Arbeitsweise: Es gab in seinem Bewusstsein keinerlei Gewissenskonflikte. Seine Opfer hatten seine «Zuwendung» mehr als verdient. Jedes einzelne von ihnen.
Als Capou seinen Blick durch die Kneipe wandern ließ, in der sich niemand um das allgemeine Rauchverbot scherte, fiel ihm auf, dass sein Glas schon so gut wie leer war und dass es noch zehn Minuten dauern würde, bis sein Kunde – sofern er denn pünktlich war – das Lokal betreten würde.
Er bestellte sich ein weiteres Bier und warf vorsorglich zwanzig Euro in Münzen in den Spielautomaten. Er wollte nicht, dass einer der Fabrikarbeiter, aus denen die Kundschaft der Kneipe größtenteils bestand, direkte neben ihm und seinem Klienten saß, wenn sie den Auftrag besprachen. Tatsächlich stapfte kurz darauf ein großer, bulliger Kerl auf den Automaten zu, schnaubte verächtlich, als er erst das angezeigte Guthaben und danach Capou in Augenschein nahm, und trollte sich anschließend an den Tresen.
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