Hinter ihr die außergewöhnlich große Wölfin. Sie war tot. Mariam rührte sich nicht, oder zumindest glaubte Rolf das, bis er bemerkte, wie sich ihre Hand immer weiter in Richtung des Bündels schon. Langsam, sehr langsam, so als ob sie sich nicht trauen würde, es zu berühren.
Vielleicht sollte sie das auch nicht, dachte Rolf. Vielleicht besser nicht.
Er ging zu ihr hin, und während er näher kam, bemerkte Mariam seine Anwesenheit. Ihre Hand verharrte in der Bewegung, zuckte kurz in Richtung des Beils, das erst jetzt, aus der Nähe in Rolfs Blickfeld gekommen war. Dann drehte Mariam sich um, mit qualvoller Langsamkeit. Sie sah schrecklich aus. So als wäre alles Leben aus ihr gewichen. Aber sie lebte noch. Ja, das tat sie. Sie streckte die Arme nach ihm aus, schluchzte.
Rolf ließ die Speere fallen, zog sie auf die Füße, nahm sie in den Arm. So blieben sie stehen, bis Mariam nicht mehr stehen konnte und ihre Beine nachgaben.
Rolf trug sie nach draußen. Er trug sie den ganzen Weg, bis zurück zur Hütte.
Dort entfachte er das Feuer neu. Die Wolfskadaver und den Gamsbock hatte Mariam schon nicht mehr wahrgenommen. Sie war bereits auf halbem Weg komplett weggetreten. Aber ihre Augen waren offen gewesen, hatten sich an die Sterne und den Mond des kalten, inzwischen wolkenlosen Himmels geheftet. Rolf legte Mariam ins Bett und deckte sie zu, mit so vielen Decken, wie noch übrig waren. Erst jetzt schloss sie ihre Augen und die Anspannung wich etwas aus ihrem blutverschmierten Gesicht. Dann verhängte er das geborstene Fenster mit der Decke, die zuoberst gelegen hatte und die von Glasscherben bedeckt gewesen war, die er achtlos auf den Boden geschüttelt hatte.
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Zügig, vor allem weil er einfach etwas tun musste, irgendetwas, schaffte er die drei Wolfskadaver nach draußen. Den Gamsbock ließ er liegen, wo er war.
Rolf vergewisserte sich ein weiteres Mal, dass Mariam sicher war und dass sie schlief und dass so viel Holz im Feuer war, wie der Ofen fassen konnte. Dann machte er sich erneut auf den Weg zu dem seltsamen, tödlichen Wolfsbau. Er musste das Kind holen, damit sie es beerdigen konnten.
Den Weg dort hin ging er diesmal langsam an. Er hatte es nicht eilig. Er hatte viel zu denken und sich zusammenzureimen und er wusste nicht, ob er sehen wollte, was er unweigerlich dort vorfinden würde. Er hatte Angst vor dem Anblick, das gestand er sich ein, ohne zu zögern. Aber wer, wenn nicht er, sollte den Leichnam des Kindes zurückholen? Und er musste zurückgeholt werden, damit Mariam einen Abschluss finden konnte.
Das Ritual würde ihr helfen, auch wenn es biologisch gesehen egal war, wo das Kind lag. Vermutlich hatten die Wölfe von der Flüssigkeit getrunken, die aus den Fässern gelaufen war. Vielleicht hatte die Brühe über die letzten Jahre hinweg auch das Wasser der ganzen Gegend verseucht. So oder so – er hatte sich eine Schutzmaske mitgenommen, nur für den Fall. Selbst falls es unnötig sein sollte, würde sie ihm helfen, den Geruch dort drinnen zu ertragen.
Besser, sie würden nicht mehr lange hierbleiben. So gesehen konnten sie vermutlich von Glück sagen, dass sie im Winter hierhergekommen waren und ihr Wasser aus geschmolzenem Schnee gewannen. Der müsste eigentlich noch sauber sein.
Einmal mehr in dieser Nacht durchquerte Rolf das Waldstückchen, und betrat den Wolfsbau.
Es war sehr merkwürdig gewesen. Wir waren das nicht! Ich war das nicht!, erinnerte sich Rolf an Mariams Worte.
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