Nachwelt 2030 – Im Herzen des Winters – Spannendes Endzeit-Abenteuer Online Lesen 4.3

Rolf brauchte dazu länger als üblich, zum einen seiner fehlenden Finger wegen, und zum anderen, weil er das Tier nirgendwo aufhängen konnte und deshalb sämtliche Innereien, die ansonsten zum größten Teil von selbst herausgefallen wären, mit den Händen herausholen musste.
Nachdem er fertig war, starrte Rolf auf seine beschmutzten Finger.
Da kümmere ich mich später drum, hatte er dann gedacht, und den Kadaver hinuntergeworfen, und sich angeschickt, hinterherzuklettern.
Offenbar war er dabei etwas zu hastig vorgegangen. Auf halber Strecke war sein linker Fuß abgerutscht.
An der Stelle war wohl Eis unter der zu dünnen Schneeschicht gewesen. Vielleicht hatt er auch einfach nicht gut genug aufgepasst. Das war egal. Es war vorbei. Nach einer Schrecksekunde und dem für einen Augenblick auftretenden Gefühl von Fallschwindel hatte er sich ja wieder gefangen.
Trotzdem – jetzt, den Gamsbock wieder auf den Schultern und über die Ebene stapfend, ging ihm dieser kurze Augenblick nicht aus dem Kopf.

* * *

Eine halbe Stunde später stapfte Rolf nicht mehr stoisch voran. Jetzt schleppte er sich eher. Offensichtlich hatte er sich zu sehr beeilt, hatte seine eigenen Kräfte überschätzt, obwohl er gewusst hatte, dass seine Last mit jedem Schritt schwerer werden würde. Genau das war auch passiert, obwohl er das Tier ausgenommen hatte.
Auszuruhen kam ihm jedoch noch immer nicht in den Sinn. Aber etwas langsamer gehen, nur ein ganz klein wenig, das war okay. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass die sanfte, aber gnadenlose Steigung der Ebene ihr übriges tat, um ihm den Rückweg zu erschweren.
Aber wenn er eine Pause machen würde, würde es ihm schwerfallen, wieder in die Gänge zu kommen. Das wusste er. Außerdem würde er Mariam gegenüber ein schlechtes Gewissen haben.
Ein noch Schlechteres, als ohnehin schon hieß das, und – was vielleicht noch schlimmer war – seine Selbstachtung würde Schaden nehmen.
Also schleppte er sich weiter, immer wieder einen Fuß vor den anderen, auch wenn Knie und Muskeln schmerzten, den Blick auf den in der Abenddämmerung bläulich schimmernden Schnee geheftet.
Er reflektierte das Licht noch immer stark, der Schnee, und das war mit ein Grund, aus dem es um Rolf herum noch heller war, als er selbst es für normal hielt. Er musste sogar die Augen zusammenkneifen.
Nichts ist mehr, wie es sein soll, dachte er. Aber im Grunde war das ja schon seit dem letzten großen Krieg der Fall. Seit dem Roten Bruch um so mehr.
Er knurrte, stieß Luft aus, die in Kondensschwaden an ihm vorbeizog. Der Wind kam von vorn, und er hatte mit den beiden hinter ihm liegenden Kilometern die Steigung zu drei Vierteln hinter sich gebracht.
– Unlektorierte Erstversion

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