Nachwelt 2030 – Im Herzen des Winters – Spannendes Endzeit-Abenteuer Online Lesen 45 Diese Worte reichten nicht aus

Mehr und mehr Rot, mehr und mehr Nässe meinte sie erahnen zu können. Auch das Alphaweibchen war jetzt näher gekommen. Es bewegte sich langsam. Die anderen Tiere nahmen dieses Näherkommen nicht wahr. Zu sehr waren sie mit ihrem Kampf beschäftigt.
Die Aggression der Tiere hatte sich auf Mariam übertragen. Sie musste aufpassen, ihr Kind nicht vor Aufregung zu fest an sich zu drücken.
Sie konnte fühlen, dass der Klimax des Geschehens dort draußen gleich erreicht sein würde. Mariam bemerkte, dass sie die Luft angehalten hatte und tat einen bewussten, tiefen Atemzug. Sie atmete ein, und als sie wieder ausatmete geschah es.
Das Alphaweibchen sprang unter die kämpfenden Rudelmitglieder, packte den erstbesten Wolf im Genick und biss zu. Im selben Augenblick, in dem Mariam meinte, die Halswirbelsäule des Tieres brechen zu hören, traf sie eine andere Empfindung wie mit der Gewalt eines Schmiedehammers innen in ihrem Kopf.
Unmut. Dominanz. Herrschaftsanspruch.
Aufhören. Dumm. Ich.

Diese Worte reichten nicht aus um jede Nuance des, eindeutig vom Alphaweibchen ausgehenden, Gedankenlautes zu beschreiben. Zorn lag darin. Wilde Lust am Töten. Hunger. Aber auch ein Hauch von Fürsorglichkeit und Sorge. Das, und noch so viel mehr, das Mariam nicht fassen konnte.
Die anderen kämpfenden Tiere stoben auseinander, winselten, aber das hinderte das Alphaweibchen nicht daran, den deutlich kleineren Wolf, den es soeben getötet hatte, wild hin und her zu schleudern und schließlich mit einer beinahe verächtlich wirkenden Bewegung des Halses und des Kopfes geradezu zur Seite zu werfen.

#bookstagrammer #buchtipp #kingistking

Mariam registrierte dies gar nicht so ganz, denn die Gedankenimpulse, die sie mit so brachialer Kraft getroffen hatten, hatten sie geradezu gelähmt.
Wie ganz weit weg hörte sie ihr Kind einen, während sie selbst in Panik erstarrt war. Und es war nicht nur das, was sie gefühlt hatte, sondern auch die Tatsache, dass sie es gefühlt hatte.
Die pure Gewalt dieser Empfindung, zusammen mit den grausamen Bildern, die sich dort draußen abspielten, hatten nicht nur den tobenden Kampf von jetzt auf nachher beendet und die anderen Wölfe auseinandergetrieben. Auch Mariam war von diesem emotionalen Schlag hart getroffen worden. Eine solche Empfindung hatte sie noch nie zuvor gehabt. Ein brüllender Befehl war in ihrem Kopf erklungen, direkt in ihren Kopf. Und in diesem Befehl hat eine solche Vielzahl von Empfindungen, weiteren Befehlen und fremdartigen Emotionen gesteckt, dass sie außer Lage war all dies wirklich zu fassen.
Sie spürte, wie ihr Körper zitterte. Lange würde sie nicht mehr stehen können. Aber sie hatte ihren Sohn auf dem Arm. Wenn sie umfallen würde, würde auch er fallen. Sie musste sich losreißen, von dieser Lähmung. Musste ins Hier und Jetzt zurückkehren.
Aber es war schwer. So unglaublich schwer, die Gedankenparalyse abzuschütteln und zu handeln.
Draußen sprang das Alphaweibchen erneut nach vorn, aber nicht, um ein weiteres Mitglied ihres Rudel zu töten, sondern eher so, wie ein Redner auf ein Podium tritt. Stille herrschte. Es gab kein Winseln und kein Knurren mehr. Keine Laute irgendeiner Art für viele Augenblicke. Dann hob das Alphaweibchen den Kopf und heulte, wie Mariam noch nie zuvor einen Wolf hatte heulen hören.

– Unlektorierte Erstversion

Eine Seite zurück
Zur vorherigen Seite
Als Taschenbuch kaufen?

Weiterlesen
Hier geht es weiter