Nachwelt 2030 – Im Herzen des Winters – Spannendes Endzeit-Abenteuer Online Lesen 46 Die anderen Tiere duckten sich weg

Die anderen Tiere duckten sich weg. Eines rollte sich sogar auf den Rücken und präsentierte den verletzlichen Bauch, aus dem es ohnehin schon blutete. Dann brach das Heulen ab und, nach einem kurzen Augenblick des sich Sammelns kam wieder Bewegung in die Tiere. Ein einzelner Wolf begann zu rennen.
Es rannte nach links hin, an den drei Wölfen, die sich mehr oder weniger die ganze Zeit über auf dieser Seite befunden hatten vorbei. Eine Sekunde später nahmen die drei Tiere die Verfolgung auf. Mariam wusste einfach, dass es sich um eine Verfolgung handelte, ohne den Grund zu kennen.
Das Alphaweibchen hatte geurteilt.
Das Alphaweibchen … es saß jetzt wieder da, und während es Fleisch aus dem Wolf riss, den es gerade getötet hatte, starrte es weiter in Richtung Hütte.
Seltsam genug, dies zu beobachten, aber ein Tier, dass einen Artgenossen auffraß, hatte etwas seltsam Faszinierendes und gleichzeitig zutiefst Bedrohliches. Aber auch etwas Hypnotisches und etwas, von dem einem schlecht werden konnte. Und es stand in einem ungemein starken Kontrast zu allem, was Mariam zuvor erlebt hatte, gerade zu ihrer letzten Erfahrung.
Auch dies konnte Mariams Geist in dieser Sekunde nicht fassen oder Worte dafür finden. Sie war völlig überfordert
Die Wölfin … sie war in meinem Kopf. Sie …
Nachdem die Wölfin eine Weile gefressen hatte, gelang es Mariam schließlich, ihren Schock zu überwinden. Einmal mehr legte sie ihren Sohn an die Brust und ließ ihn trinken, auch wenn sie nicht glaubte, dass er hungrig war.

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Sie wollte eigentlich nur, dass er mit dem Weinen auf hören würde. Das tat er. Er trank zwar ein ganz klein wenig, aber der Hautkontakt beruhigte ihn so weit, dass er einschlief.
Mariam kniete sich mühsam aufs Bett und legte ihn sehr vorsichtig und behutsam ab, um ihn nicht zu wecken und deckte ihn zu. Sie hielt sich aber in direkter Nähe, damit er sie spüren konnte und starrte erneut nach draußen.
Vom Ofen her knackte es laut. Ein Stück Holz im Feuer. Etwas war geborsten und auch Mariam fühlte sich plötzlich, als wäre in ihr etwas aufgebrochen. Ein beunruhigendes Gefühl. Ein unbestimmtes Gefühl, ein neuartiges.
Das war nichts. Sie haben gekämpft. Das passiert im Tierreich, und bei den Menschen auch. Ich habe so etwas schon oft genug erlebt. Da war nichts, was mich beunruhigen müsste. Da war nichts, was …
Mariam wusste, dass diese Gedanken bestenfalls zu einem kleinen Teil richtig waren. Das, was sie gerade erlebt hatte – das war mehr gewesen als nur eine Auseinandersetzung.
Dieser Gedankenschlag in ihrem Kopf … er war eindeutig von dem Alphaweibchen ausgegangen. Gerne hätte sich Mariam in diesem Punkt etwas vorgemacht. Sie wusste aber, dass dies nichts brachte. Man musste die Dinge so beurteilen, wie sie eben waren. Das hatte sie von Rolf gelerntSicher, manchmal war das nicht gut möglich, gerade, wenn man selber aufgewühlt war. Natürlich konnte es auch sein, dass die Geburt und das alles ihr Nervenkostüm über Gebühr strapaziert hatte., und dass sie deshalb …
Nein. Es konnte nicht nur das sein.

Sicher nicht.
Irgendwie wusste Mariam, dass das, was sie gerade erlebt hatte echt gewesen war. Echt, und stark und neu und so verdammt furchterregend.
Gerade riss das Alphaweibchen erneut ein Stück Fleisch aus der Flanke seines toten Artgenossen.
Solange es frisst, kann ich mich bewegen, richtig?
Mariam bestätigte sich diesen Gedanken selbst und setzte sich vorsichtig in Bewegung, um dabei die alte, durchgelegene und verschmutzte Matratze des Bettes nicht allzu sehr in Bewegung zu versetzen.
Sie legte so viel Holz in den Ofen, wie er fassen konnte. Mit ihrem Bogen, einigen Pfeilen und der Schrotflinte kehrt sie zurück zum Bett.
Wölfe alleine wären schon bedrohlich genug gewesen. Gerade, wenn sie hungrig und angriffslustig genug waren, um zu versuchen, in eine Hütte einzudringen. Mit diesem großen Weibchen dort draußen war das noch einmal etwas ganz anderes. Aber egal, was dieses Tier mit seinen Gedanken machen konnte und egal, wie bösartig es war – Mariam war fest entschlossen, es zu töten, falls dies nötig werden würde.
Sie starrte weiter nach draußen.
Mariam wusste noch nicht, was sie tun würde, wenn die Sonne ganz untergegangen und das seltsam bläuliche Licht dort draußen einem tiefen Schwarz gewichen wäre. Sie wusste, wenn sie nicht sehen konnte, wo das Alphaweibchen sich befand, würde sie Angst haben. Sie würde in der Hütte sitzen, die Flinte abwechselnd auf die Tür und das Fenster gerichtet, und sie würde nicht wagen zu atmen, weil ihre eigenen Atemzüge dann die Geräusche von draußen überlagern würden.
Aber sie würde bereit sein. So bereit, wie sie konnte.
Versuch es besser nicht, Du Mistvieh. Sonst werde ich Dich töten, dachte Mariam.

Mariam beobachtete, wie das Alphaweibchen plötzlich den Kopf hob. Es sah direkt in ihre Richtung.
Dann legte das große Tier den Kopf schief, für einen Moment nur, wie zu einem Grinsen, bevor es erneut ein Heulen ausstieß, das Mariam durch Mark und Bein ging.

– Unlektorierte Erstversion

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