Kurz hatte er darüber nachgedacht, den Bogen zu nehmen. Aber er wusste nicht, wie weit er noch laufen musste. Er konnte die Waffe nicht so lange gespannt halten, wie es vielleicht nötig sein würde, um im Bruchteil einer Sekunde auf einen möglichen Angriff zu reagieren. Da waren ihm die Speere lieber.
Mit jedem Schritt zeigte sein Gehirn ihm schreckliche Szenen. Szenen, die zu Mariams Schrei geführt haben könnten. Blutige Szenen, Bilder, die in ihrer Konsequenz alle bedeuteten, dass er sie gerade für immer verloren haben könnte. Erst als ein weiterer Schrei erklang, der nicht minder schrecklich war, verblassten diese Bilder und wichen einer Wut. Rolf kannte, sie diese Wut. Er kannte sie von früher, aus seiner Zeit im Bahnhof in Frankfurt. Auch danach hatte er sie einige Male gefühlt. Davor auch, wenn er ehrlich war. Er war einfach ein wütender Mensch, und jetzt begrüßte er diese Wut wie eine alte Geliebte. Rolf ging noch schneller.
Er erreichte eine T-Kreuzung. Von hier aus ging es nur nach rechts oder links weiter. Er dachte zurück an die Türen, die er unbeachtet gelassen hatte. Da waren Schilder gewesen, Schilder, die vor allerlei Gefahren warnten. Daran musste er denken, weil er Kopfschmerzen bekommen hatte. Er wusste nicht mehr, wann genau. Vielleicht schon, bevor er diese merkwürdige Tunnelanlage betreten hatte. Er hielt inne, atmete tief ein und aus, betätigte die Kurbel an seiner Lampe erneut einige Male. Es wäre fatal, wenn ihn die Lampe im schlechtesten Moment im Stich lassen würde.
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Als er fertig war, befestigte er sie mit dem Clip auf der Rückseite des Gehäuses erneut an seiner Brusttasche.
Rechts oder links?
Irgendwann einmal hatte diese Frage eine andere Bedeutung gehabt. Ein Luxus den man sich heutzutage nicht mehr leisten konnte. Wie so vieles. Er entschied sich für die rechte Seite, ohne dass er wirklich wusste, warum. Er folgte schlicht seiner Intuition. Bevor er sich nach rechts wandte, leuchtete er noch nach links, um sicher zu sein, dass sich dort nichts befand, nichts oder niemand, was ihm gefährlich werden konnte. Soweit er das sehen konnte, gab es dort nur einen Schreibtisch. Der Stand schräg mitten im Gang. Und dahinter einige rostig-gelbe, doppelt aufeinandergestapelte Fässer auf der rechten Seite des Ganges. Hinter den Fässern ging es noch weiter. Aber das interessierte Rolf im Moment nicht. Er folgte seinem Instink, ging nach rechts.
Im Vorbeigehen sah er einen Lichtschalter neben einer weiteren verschlossenen Stahltür. Er betätigte ihn, aber nichts passierte. Wäre auch zu schön gewesen. Rolf machte einen großen Schritt, um nicht in eine übelriechende Pfütze zu treten. Er sollte dem Boden mehr Aufmerksamkeit widmen, beschloss er. Das tat er auch, und da fielen ihm die Knochen auf.
Wie auch auf dem Sims, der zu der merkwürdigen Höhle geführt hatte, handelte es sich um die Knochen kleiner Tiere. Wahrscheinlich waren es die Verwesungsgase, die ihm Kopfschmerzen bereiteten. Ihm entgegen wehte jetzt ein schwacher, übelriechender Wind, der weiter vorne, am Anfang des Tunnelsystems längst nicht so stark gerochen hatte.
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