Nachwelt 2030 – Im Herzen des Winters – Spannendes Endzeit-Abenteuer Online Lesen 9.3 Ich kann nicht Mutter sein

Die Wölfe hatten sich einen schlechten Bau ausgesucht. Einen todbringenden Bau.
Tragisch. Mariam konnte mit der anderen Mutter fühlen. Aber sie konnte ihr nicht erlauben, stellvertretend an ihr ihre Rache an der gesamten Menschheit auszuüben. Und schon gar nicht an ihrem … nein! Nein!

Ich kann nicht Mutter sein – Du kannst nicht Mutter sein!
Trauer. Zorn. Unbändiger, grenzenloser Hass. Wahnsinn.

In dem einen, schrecklichen Augenblick, in dem die Wölfin nach vorne sprang und sich die großen Kiefer des Tieres um das wimmernde Bündel auf dem Boden schlossen, in dem einen, schrecklichen Augenblick, in dem Mariam hörte, wie diese Kiefer die Knochen ihres Sohnes zermalmten und das Wimmern abbrach, ging der Wahnsinn der Wölfin auf Mariam über.
Obwohl sie wusste, dass es zu spät war, viel zu spät, führte sie ihren Hieb aus und das große Tier tat nichts, um ihm zu entgehen. Die Klinge des Beils traf die Wölfin direkt zwischen die Augen. Heißes Blut spritzte in Mariams Gesicht.
Sie bemerkte es nicht.
Wieder war das Geräusch zerschmettert Knochen zu vernehmen und es klang grässlich in der großen Halle. Begleitet wurde es von Mariams verzweifeltem Schrei. Es war ein Schrei, wie ihn nie ein Mensch sollte ausstoßen müssen.
Die Wölfin brach in die Knie, aber sie lebte noch. Das Bündel entglitt ihren Kiefern, als der mächtige Kopf der Wölfin auf den kalten Betonboden fiel. Das Geräusch, mit dem es ein Stückchen über den Boden rutschte war mindestens genauso gnadenlos grausam, wie es Mariams Schrei einen Augenblick zuvor gewesen war.

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Mariam ließ das Beil fallen, stürzte hin, zu dem blutigen Bündel. Sie wollte es berühren, wollte nachsehen, wollte Gewissheit.
Aber sie wagte es nicht.

Jetzt verstehst Du. Jetzt weißt Du. Ein wenig.

In diesen leiseren Gedanken der sterbenden Wölfin lag keine Gewalt mehr. Da war Zufriedenheit. Traurigkeit. Akzeptanz. Genugtuung. Mariam wusste nicht wie oder warum, aber sie wusste, dass das Tier sie verstehen konnte, als sie laut und verzweifelt rief:
„Aber wir waren das nicht! Ich war das nicht!“, und sie meinte die Halle mit den todbringenden Fässern, sie meinte den Roten Bruch, der die Weltkarte neu geordnet und durcheinandergewirbelt hatte. Sie meinte alles.

Solche wie ihr waren es, antwortete die Wölfin lautlos. Du musst den Preis bezahlen.

ROLF

„Aber wir waren das nicht! Ich war das nicht!“, hörte Rolf Mariam rufen.
Mit dem spricht sie?, fragte er sich, während Mariams verzweifelter, von einem Schluchzen durchsetzter Ausruf von den kalten Wänden der Halle zurückgeworfen wurde, die Rolf soeben betreten hatte. Das Mädchen war auf ihren Knien, ihren Rücken ihm zugewandt. Um sie herum die Knochen und Überreste von Wolfswelpen in verschiedenen Stadien des Verfalls. Von vielen Wolfswelpen. Seit Jahren musste es hier nur Totgeburten gegeben haben. Die drei Tiere, die ihn angegriffen hatten, mussten Streuner gewesen sein, geboren in anderen Rudeln. Sie hatten sich der großen Wölfin, die dort vorn auf dem Boden lag vielleicht aus freien Stücken angeschlossen. Vielleicht auch aus Zwang. Wer konnte das schon sagen?
Neben Mariam lag ein blutiges Bündel auf dem Boden.

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