«So ist´s brav.», grinste Capou in sich hinein.
Endlich, im selben Moment, in dem die Kellnerin sich zwischen den eng gestellten Tischen hindurchzwängte und Capou sein zweites Schwarzbier brachte, betrat sein Kunde die Kneipe.
Er erkannte ihn sofort und winkte ihn heran. Während sein Klient sich einen Weg durch das Lokal bahnte, ging Capou noch einmal durch, was er über den Mann wusste. Gelernter Einzelhandelskaufmann, vier Jahre bei einem Versandhändler in der Kundenbetreuung, dann zwei Jahre arbeitslos – Outsourcing hatte ihn in seinem alten Job überflüssig gemacht. In der Zeit der Arbeitslosigkeit hatte er geheiratet und als das erste Kind unterwegs war, hatte der Mann als Müllfahrer angeheuert. Inzwischen war er sechsundfünfzig Jahre alt, fast zwanzig Jahre älter als Capou selbst. Bei einem solchen Altersunterschied fühlte sich Capou immer etwas befangen. Wie konnte es sein, dass ein gestandener Mann wie der, der gerade vor ihm Platz nahm, seine Hilfe benötigte? Dann machte Capou sich bewusst, dass sich die Zeiten sehr schnell geändert hatten. In der Zeit, in der sein Klient aufgewachsen und geprägt worden war, bestimmten noch völlig andere Werte den Alltag der meisten Menschen als heute, und auch nicht jeder Mensch hatte einen so rebellischen Geist abbekommen wie Capou.
Der Klient trat an den Tisch, und nachdem er sich einen Moment lang vom fiepsigen Genöle des Spielautomaten hatte ablenken lassen, kreuzten die beiden Männer zum ersten Mal ihre Blicke.
Robert Capou machte eine einladende Geste und lächelte, so harmlos er konnte.
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«Wir haben gestern telefoniert. Sie sind richtig.»
Capous Gegenüber zog sich den Stuhl zurecht und nahm Platz, während Capou versuchte, den Blick der Kellnerin aufzufangen, um sie dazu zu bewegen, die Bestellung seines Gastes aufzunehmen.
Während sie geschäftsmäßig lächelnd herantrabte, meinte Kreuzmann, denn das war der Name des Mannes: «Hätte Sie für älter gehalten». Sein Blick tastete Capou ab, der sich einer Antwort enthielt und wartete, bis Kreuzmann sein Alibi-Pils bestellt hatte. Vielleicht, dachte Capou, war es auch kein Alibi-Pils, denn sein Gegenüber hatte fürwahr Grund zu trinken.
«Sie können nicht wirklich wählerisch sein, oder?»
Kreuzmanns Augen verengten sich, und schnell fuhr Capou fort.
«Ihr Chef benutzt Sie, um illegal einen Haufen Geld zu machen. Einen großen Haufen. Sie wollen nicht mehr mitspielen, Sie wollen kein Teil dieser Sauerei sein, und das ist eine gute Entscheidung. Gut für Sie und gut für Ihre Familie. Aber auch gut, weil es richtig ist. Wenn einer sich entscheidet, Industriemüll irgendwo in der freien Natur abzuladen, um ein paar Euro mehr zu verdienen, dann betrifft das nicht nur ihn, es betrifft uns alle. Sie sind ein guter Kerl, Kreuzmann. Aber Sie haben zwei Fehler gemacht. Erstens haben Sie zu lange still gehalten. Wie viele Touren waren es denn? Zwei pro Woche? Seit wann? Wenn Sie jetzt zur Polizei gehen, hängen Sie mit drin, und es wird verdammt schwer für Sie werden, Ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen, zumal Sie das lächerliche Schmiergeld angenommen haben, das der Scheißkerl Ihnen geboten hat.
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